20.11.2014

„Das erste Lächeln seit Wochen“

Faschingsfeier für die Bewohner des St. Martini Altenpflegeheims in Duderstadt

Duderstadt, 6. März 2014. Johannes Weber ist seit Anfang Januar Bewohner im St. Martini Altenpflegeheim in Duderstadt. Am Rosenmontag überraschten ihn seine Frau und Tochter mit einem Kostüm: einem Sträflingsanzug.

Die letzten zwei Jahre verbrachte der 85-Jährige aufgrund einer Krebserkrankung im Bett und ist auf einen Rollstuhl und Unterstützung bei der Essensaufnahme angewiesen. Seine Ehefrau mit der er seit 60 Jahren verheiratet ist und seine Tochter kümmerten sich zu Hause hingebungsvoll um ihn, doch am Neujahrstag verschlechterte sich sein Zustand derart, dass er im Krankenhaus St. Martini Duderstadt versorgt werden musste. Die Aussichten auf Genesung waren nicht gut. „Opa geht!“ war die traurige Reaktion seiner Enkelin. Im Kreis der Familie und eines Priesters wurde die Krankensalbung gespendet. Doch am nächsten Tag wachte Johannes Weber auf, er war ansprechbar und die Mitarbeiter des Krankenhauses konnten seinen Gesundheitszustand stabilisieren. Jetzt ist Weber ein neuer Bewohner im Altenpflegeheim St. Martini und hier geht es ihm wieder richtig gut.

Jedes Jahr feiert das Altenpflegeheim mit Bewohnern, Mitarbeitern und Angehörigen vormittags am Rosenmontag Fasching. Wer möchte kann sich verkleiden, es gibt Kartoffelsalat und Würstchen, es wird gesungen und Büttenreden werden vorgetragen. Für zwei Stunden besteht der Alltag aus farbenfrohen Kostümen, gemeinsamen Lachen und einer ausgelassenen Atmosphäre. Die Teilnahme ist natürlich freiwillig. Und doch brauchen manche Bewohner die aufmerksame Unterstützung von Angehörigen und speziell ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um an diesem Erlebnis teilzunehmen. Im Fall von Johannes Weber waren es seine Ehefrau und Tochter, die die Idee hatten, ihn spontan zu überraschen. Ein Mitarbeiter motivierte ihn mit den Worten 

„Ich ziehe den gleichen Anzug an, dann gehen wir zusammen.“ Als sich Johannes Weber im Spiegel sah lächelte er das erste Mal seit langer Zeit, berichtet freudig seine Tochter. „Auch für meine Mutter war es der schönste Tag seit Jahren“, weiß sie zu berichten.

Der Umzug in ein Altenpflegeheim stellt Bewohner und Angehörige vor besondere Herausforderung, die oft mit Angst und Unsicherheit verbunden sind. „Natürlich bleibt zuhause das Zuhause“, erklärt Gertrud Zellermann, zuständig für die Verwaltung des St. Martini Altenpflegeheim, „Jedoch ist unser qualifiziertes Team speziell dafür ausgebildet, die Bewohner geduldig und aufmerksam in ihren Aktivitäten zu fördern. Manchmal gelingt das in einer ruhigeren Atmosphäre als zu Hause. Wir überlassen die Bewohner nicht ihrem Schicksal und Gebrechen, sondern aktivieren ihre Ressourcen – ganz nach dem Motto: Da ist noch was!“ Zusammen mit der Familie werden die Gewohnheiten, die Biografie und Hobbies besprochen, damit nach dem Einzug daran angeknüpft werden kann. Weber hat früher zum Beispiel Schlagzeug, Akkordeon und Saxophon gespielt. Er gründete Band „Pik As“, war ein geselliger Mensch und nahm zusammen mit seiner Ehefrau oft und gerne an Faschingsfeiern teil. Es ist das erste Fasching seit zehn Jahren, das er wieder zusammen mit seiner Frau verbracht hat.

Die Bedeutung der Teilhabe ist ein besonderes Qualitätsmerkmal neben der seelsorglich-pflegerischen Versorgung, die Bewohner und Angehörige hier besonders schätzen. Das St. Martini Altenpflegeheim schafft dafür ein vielfältiges Angebot, wie Sport, Gymnastik, Basteln und gemeinsames Singen. Doch vor allem die aktive Ansprache und Motivation der Familie und Mitarbeiter mitzumachen, animiert die Bewohner aus dem alten Trott und dem inneren Rückzug auszubrechen und sich selbst als Mitglied einer Gemeinschaft zu empfinden. Im Leitbild des Altenpflegeheims findet sich die Grundlage für eine ausgeprägte Hinwendung zum Bewohner, die den ganzen Menschen als Einheit im Blick hat und die Wahrnehmung persönlicher, sozialer und religiöser Bedürfnisse der Bewohner deutlich ausweist. Der Grundsatz, dass menschliche Zuwendung die Qualität des Altenpflegeheims St. Martini ist, kann der Grund sein, weswegen Bewohner und Angehörige den liebevollen und aufmerksamen Umgang besonders schätzen und den Ort als Begegnungsstätte und wiedergefundene Lebensfreude wahrnehmen – trotz Sträflingskostüm. Seine Tochter ist sich sicher: „Die Feier hat etwas bewirkt, es geht ihm so gut wie seit langem nicht mehr. Was war das für ein schöner Tag!“